Brauhaus Klüvers

Leidenschaft für Gerstensaft

Es tut sich was im Norden der Republik. Nachdem jahrzehntelang eine Brauerei nach der anderen schließen musste, gibt es jetzt eine Trendwende, einen Neuanfang. Hier und dort entstehen Brauereien, die auf Originalität, Craft-Biere und Regionalität setzen. Ein Trend, der übrigens auch Frauen anspricht, sagt Steve Michalak, seit 2012 Braumeister im Brauhaus Klüvers in Neustadt/Holstein an der Ostsee. Der 32-Jährige führt Regie über 26 Biertanks und stellte mit seinem Team im vergangenen Jahr mehr als 3.000 Hektoliter Bier her.

Im Trend liegen Biere wie das New England IPA sowie hopfengestopfte Biere mit viel Nase“, sagt Steve Michalak und wirft einen Blick in den Bottich vor ihm. Gerade hat er die nächste Charge Bier angesetzt. In einer halben Stunde braucht das heiße Malzwassergemisch, die Maische, wieder seine Aufmerksamkeit. „Hopfengestopft bedeutet, dass ein Teil des Hopfens erst zum Schluss dazukommt“, erklärt der Braumeister. „Er wird nicht mitgekocht, daher liefert er nur sein Aroma, nicht aber die Bitterstoffe.“ Das ergibt einen intensiven und doch milden Geschmack, ein Bier mit viel Nase eben, wie Kenner es ausdrücken. Diese besonderen, immer zahlreicher werdenden Sorten jenseits der „normalen“ Biere finden immer mehr Liebhaber. „Manche schmecken in den Bieren Wiesenaroma, exotische Früchte oder einen Hauch von Schinken“, erzählt Steve Michalak. Genau diese Vielfalt macht für ihn das Handwerk eines Brauers aus. „Geschmack, Aroma und Sorte steuerst du mit Malz, Hefe und Hopfen. Die riesige Vielfalt, die bei Bier möglich wäre, zeigen die mehr als 500 Hopfenund Dutzende Malzsorten, die es gibt. Wir könnten damit eine Biersortenvielfalt herstellen, wie wir sie vom Wein kennen.“ Die Brausteuerung meldet sich mit lautem Piepton: Das Wassermalzgemisch im Maischbottich ist fertig. Dampfend fließt es in den Läuterbottich. Jetzt werden feste und flüssige Bestandteile voneinander getrennt. Der Treber bleibt am Boden zurück, die Flüssigkeit fließt zurück in den Maischbottich. Unter heißem Dampf fegt Steve Michalak den Treber aus dem Kessel. „Der geht an Landwirte zur Tierfütterung“, erläutert er. Einen kleinen Teil bekommt die örtliche Bäckerei für ihr „Brauereibrot“. Nun kommt der Hopfen ins Spiel, die Seele des Bieres. „Unser kommt überwiegend aus der Hallertau in Bayern, dem größten zusammenhängenden Hopfenanbaugebiet der Welt“, erklärt der Bierexperte. Für einige Saisonbiere werden auch mal spezielle Aromahopfensorten aus den USA eingeflogen. Der Hopfen macht das Biergebräu komplett. Während es eine Stunde bei 100 Grad kocht, ist Zeit, um vom Braumeister etwas mehr über die Bierszene Norddeutschlands zu erfahren. Mit neun Sorten plus einer Handvoll Saisonbiere setzt Steve Michalak auf Vielfalt – und leistet Pionierarbeit im Norden. „Hierzulande gibt es einfach keine Bierkultur“, findet er. Er bedauert, dass bisher nur wenige Gasthäuser norddeutsche Biere am Hahn haben. Dabei sind die Bedingungen für die derzeit 32 Brauereien, die es allein in Schleswig-Holstein gibt, denkbar gut. Und es zeichnet sich eine positive Entwicklung hin zu mehr regionalen und richtig leckeren Bieren ab.

„Der Traum eines jeden Brauers und Bierliebhabers sind immer noch die USA“, erzählt Steve Michalak. Dort gebe es eine gigantische Sortenvielfalt. „Die sind uns etwa zehn Jahre voraus. Weil sie sich an kein Reinheitsgebot halten müssen, können sie alles in die Gärpfanne werfen: Eiscreme, Knoblauch, alles ist möglich.“ In Deutschland ist das anders. Das geltende Reinheitsgebot schreibt vor, dass nichts außer Hopfen, Malz, Hefe und Wasser ins Bier darf. Doch es gibt andere Wege. „Für unser Bier ‚Seegang‘ und für manche Kundenanfragen stellen wir einen Antrag beim zuständigen Amt und bekommen eine Sondergenehmigung“, verrät der Braumeister. So kommen auch mal Algen, Haferflocken und andere Substanzen fürs besondere Aroma in den Braukessel. Einzige Bedingung dabei ist die Bezeichnung auf dem Flaschenetikett. „Daraus muss ersichtlich sein, dass es sich nicht um Bier nach dem Reinheitsgebot handelt, sondern eben um eine Bierspezialität.“

Wieder piept die Computersteuerung der Braukessel. Der Kochprozess ist zu Ende, der Meister muss wieder ans Werk. „Jetzt lassen wir das frische Bier in einen der großen Gärkessel laufen. Ist es abgekühlt, setze ich die Hefekulturen zu.“ Die Mikroorganismen sorgen für die Umwandlung des enthaltenen Zuckers in Alkohol. Auch dieser Prozess wird akribisch verfolgt – eine Woche lang, bis der Moment gekommen ist, in dem das Bier schmeckt, wie es schmecken soll. Dann wird es zum Ruhen für zwei bis drei Wochen in große Tanks gepumpt, bevor es in Flaschen oder Fässer abgefüllt wird. „Die Technik unterstützt uns zuverlässig, aber es kommt auch vor, dass ich nachts wach werde und mich frage, ob ich an dies oder das gedacht habe.“ Das gehöre zum Brauerdasein dazu, sagt Steve Michalak. Der 32-Jährige liebt seine Arbeit und kann sich nichts anderes vorstellen. Das war nicht immer so. Ursprünglich wollte der gebürtige Hesse Koch werden. Durch Zufall stieß er auf einen Ausbildungsplatz in einer Brauerei. Er ging in die Lehre, entdeckte seine Leidenschaft für das Brauen und machte seinen Meister. Nach zehn Jahren zog es ihn in den Norden, und er stieg bei der Brauerei Klüver in Neustadt ein. Hier an der Ostsee fühlt sich auch seine Familie wohl. Und der kreative Bierkünstler hat das Gefühl, Teil einer spannenden Bewegung in Richtung von mehr Bierkultur zu sein. Er genießt den Schnack mit anderen jungen Brauern in der Region, tauscht mit ihnen Wissen aus und manchmal Rohstoffe, überlegt sich neue Rezepte und ist Teil der Entwicklung einer Gasthausbrauerei zu einer echten Brauereigröße in Norddeutschland. Läuft. Prost!

Erhältlich in vielen Markant-Märkten.